35 Jahre Mauerfall. Mit diesem Alter wäre er ab heute kein Juso mehr. Aber von Abschied nehmen ist leider weiterhin nicht zu denken. Und auch wenn die Bilder unserer Elterngeneration immer veralteter wirken oder die Geschichten von der Nacht auf der Bösenbrücke, wo der erste Grenzübergang geöffnet wurde, immer seltener erzählt werden, so können wir nur die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen lösen, wenn wir aus dieser Nacht lernen.
- Die Friedliche Revolution hat nicht nur die Mauer eingerissen.
Sie hat ein ganzes diktatorisches Regime zum Einsturz gebracht. Mit dem Mut sich gegen die Unterdrückungsrepresalien zu stellen und der Solidarität, für sich einzustehen, konnte ohne den eigenen Einsatz von Gewalt eine Autokratie zu Fall gebracht werden. Der Fall der Mauer steht für den Sieg über autoritäre Systeme und die Rückeroberung der Freiheit. In der heutigen Zeit, in der Demokratie und Menschenrechte weltweit immer wieder angegriffen werden, erinnert uns der 9. November 89 daran, wie wertvoll und zerbrechlich unsere Freiheiten sind. Der Mauerfall lehrt uns, dass der Einsatz für Freiheit und Gerechtigkeit niemals aufhören darf. - Die Mauer steht noch in unseren Köpfen.
Der Umgang des Mauerfalls hallt bis heute nach. Zu oft wird auf den Osten nur geguckt, wenn Jahrestage wie heute anstehen oder Landtagswahlen anstehen. Das Gefühlt abgehängt zu sein oder politisch nicht beachtet zu werden, resultiert aus diesem westzentrierten Denken. Auch hier müssen wir öfter den Mund aufmachen, wenn beispielsweise von “dem richtigen Frankfurt” gesprochen wird. International gilt dies genauso. Wie oft wurde uns von Staaten Osteuropas vorgeworfen, dass ihre Perspektive auf Russland in der deutschen Außen- oder Wirtschaftspolitik ignoriert wurde? Ohne Frage: Diesen Vorwurf mussten wir Jusos uns auch von unseren osteuropäischen Genoss*innen viel zulange anhören, bis ein langsames Umdenken begann. Wenn in unseren Köpfen immer noch Mauern stehen und die Welt unterteilen, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich Menschen ausgegrenzt fühlen. Egal ob das Menschen aus dem Osten Berlins, Deutschlands, Europas sind oder Menschen des globalen Südens betrifft. - Geduld zahlt sich aus
Der Mauerfall zeigt, dass es sich lohnt, an einer Sache dranzubleiben, an die man glaubt. Die mutigen Menschen der Friedrichen Revolution hatten in ihrem Kampf nach freien Wahlen, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sicherlich nciht gedacht, dass sich ihre Forderungen in wenigen Wochen umsetzen lassen. Wie oft wird uns Jusos vorgeworfen, unsere Utopien lassen sich nicht umsetzen. Doch wer nicht dafür kämpft, wird es niemals herausfinden. Wer dachte schon am Morgen des 9. Novembers 1989, was am Abend noch folgen würde?
35 Jahre – einmal Juso, immer Juso. Und einmal Mauerfall, immer Mauerfall. Auf dass die restlichen Mauern, ob sichtbar, unsichtbar oder in den Köpfen, auch alle fallen.